Internationale Perspektiven

Nachdem die Konjunktur gegen Ende 2018 zunehmend ins Stottern geriet, wurde der langjährige Aufwärtstrend an den Aktienmärkten abrupt gestoppt. Anleger hatten Verluste hinzunehmen. Das Umfeld dürfte volatil bleiben. Wir müssen uns darauf einstellen, dass das Zinsniveau in Europa längerfristig tief bleibt.

Die konjunkturelle Entwicklung der stärksten Volkswirtschaften hat im Jahr 2018 an Dynamik verloren. Für gedrückte Stimmung an den Märkten sorgten politische Unwägbarkeiten, beispielsweise die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und Europa sowie den USA und China. Die protektionistische Handelspolitik der US-Regierung beeinträchtigt die global optimierten Wertschöpfungsketten der Unternehmen und führte in China sowie in der Eurozone zu einer Verlangsamung des Produktionswachstums. Auch die Unsicherheit über die Brexit-Verhandlungen, der abklingende Macron-Effekt und das absehbare Ende der Regierung Merkel in Deutschland belasteten die Märkte. Die geopolitischen Unsicherheiten erschweren die Geldpolitik. Nach vier Zinserhöhungen im Jahr 2018 wird die US-Notenbank 2019 vorsichtiger agieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erst für das zweite Halbjahr eine Zinserhöhung in Aussicht gestellt. Damit werden die Geldmarktzinsen in der Schweiz voraussichtlich auch Ende 2019 im negativen Bereich liegen.

USA

Mit einem umfangreichen Steuersenkungspaket hat US-Präsident Donald Trump der amerikanischen Konjunktur zusätzlich Schub verliehen. Dieser Effekt dürfte jedoch 2019 nachlassen. Bereits im dritten Quartal 2018 büsste die US-Konjunktur an Schwung ein. Für das Jahr 2019 prognostizierte die US-Notenbank Fed im Dezember 2018 ein Wirtschaftswachstum von 2.3 Prozent, davor hatte die Erwartung noch 2.5 Prozent betragen. Auch die Inflation wird sich 2019 voraussichtlich etwas abschwächen. Der Rückgang der langfristigen Zinsen in den USA führte dazu, dass sich die Zinsstrukturkurve weiter abgeflacht hat. Dies kann als Frühwarnsignal für eine Rezession verstanden werden. Die US-Importzölle werden laut aktuellen Plänen auf den höchsten Wert seit den 1970er-Jahren steigen, auch das ein Indikator, dass sich die globale Konjunktur mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter eintrüben wird. Die Handelsaktivitäten würden dadurch gedämpft.

Euroraum

Das konjunkturelle Bild des Euroraums präsentiert sich verhalten. Zwar dürfte das Wachstum nach einem unerwartet schwachen zweiten Halbjahr 2018 wieder etwas anziehen, allerdings hat sich die Stimmung bei Konsumenten und Produzenten verschlechtert. Die allgemeine Unsicherheit kann die Konjunktur und damit die Entwicklung der Inflation dämpfen. Bankökonomen, Wirtschaftsforschungsinstitute und internationale Organisationen haben zuletzt ihre Konjunkturprognosen 2019 für Deutschland und den Euroraum gesenkt. So hat das Ifo-Institut in München seine Wachstumsprognose auf 1.1 Prozent korrigiert. Im September hatten die Wirtschaftsforscher noch mit 1.9 Prozent kalkuliert. Ähnliche Ergebnisse meldet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO): Trotz Rückgängen blieb die Konjunktureinschätzung der österreichischen Unternehmen Ende Jahr jedoch weiterhin recht zuversichtlich. Ausgehend von einem ziemlich hohen Niveau schätzten die Unternehmen die Konjunkturlage aber etwas schlechter ein. Ihre Erwartungen für das kommende Jahr trübten sich leicht ein.

Konjunktur Schweiz / Liechtenstein

Die Schweizer Wirtschaft wurde im dritten Quartal 2018 überraschend stark abgebremst, das BIP ging um 0.2 Prozent zurück. Die Frühindikatoren lassen laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) für die kommenden Quartale ein moderates Wachstum erwarten. Die Zeiten des deutlich überdurchschnittlichen Wachstums dürften allerdings vorbei sein. Nicht sehr erfreulich präsentierte sich die Lage im Schweizer Finanzdienstleistungssektor. Laut SECO liessen rückläufige Finanzdienstleistungsexporte und ein schwieriges Zinsumfeld die Wertschöpfung im dritten Quartal um 1.1 Prozent schrumpfen. Gemäss der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) ist der Rückgang des Wertschöpfungsanteils des Finanzsektors in der Schweiz inzwischen beendet. Der Anteil hat sich bei den Banken seit 2007 nahezu halbiert. Wenn es zu keinen Rückschlägen (z. B. Bussen) im Finanzdienstleistungssektor komme, könne die Profitabilität wieder steigen, schätzt die KOF.

In Liechtenstein gibt es laut dem «Volkswirtschaftsmonitor Q4 / 2018» der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht keine Anzeichen für eine Konjunkturabkühlung. Die Werte haben sich auf hohem Niveau stabilisiert. Die sehr positive Konjunktur ist auch weiterhin an den guten Beschäftigungszahlen erkennbar. Gegenüber der Vergleichsperiode 2017 verzeichnete die Beschäftigung im ersten Halbjahr 2018 einen starken Zuwachs von 3.8 Prozent und die Warenexporte nahmen um 11 Prozent zu.

Finanzplatz Liechtenstein

In Liechtenstein profitierten die Finanzdienstleister im ersten Halbjahr von der freundlichen Konjunktur. Laut dem im Oktober veröffentlichten Konjunkturbericht des liechtensteinischen Amts für Statistik stiegen die Umsätze von sechs ausgewählten Finanzdienstleistern im ersten Halbjahr 2018 gegenüber dem ersten Halbjahr 2017 um 19 Prozent. Auch die Beschäftigung im Finanzdienstleistungsbereich erhöhte sich gegenüber dem Vorjahresstand bis Mitte 2018 um 4 Prozent. Mit der globalen Eintrübung der Konjunktur deutet sich eine Abschwächung der Dynamik an. Der Bankenverband ist laut einer Einschätzung (veröffentlicht in der «Finanzplanung der Regierung 2019 bis 2022») zuversichtlich. So konnten die Mitgliedsbanken 2016 und 2017 auf breiter Basis zulegen. Rückwirkend betrachtet hätten sich die Fokussierung und die strategische Neuausrichtung hinsichtlich des effizienten Kostenmanagements, des kundenorientierten Service- / Produktangebots und der Profitabilität ausbezahlt. Es seien neue Wachstumsfelder erschlossen worden, die positiv in die Zukunft blicken liessen. Allerdings hält auch der Bankenverband fest, dass in einem hochdigitalisierten Umfeld Negativzinsen, volatile Finanzmärkte, zunehmender Fachkräftemangel sowie Umfang und Komplexität der Regulierungen weiterhin die Kernherausforderungen der liechtensteinischen Banken bleiben. Insgesamt geht der Bankenverband aber davon aus, dass sich die Wachstumsstrategien der Banken mittel- bis langfristig positiv auf die Jahresergebnisse, das Beschäftigungswachstum und die Finanzsituation auswirken werden. Der Fondsverband sieht die Zeichen grundsätzlich auf Wachstum: Die ebenfalls in der «Finanzplanung der Regierung 2019 bis 2022» veröffentlichte Einschätzung klingt optimistisch. Für 2019 erwartet der Fondsverband bei neutraler Börsenentwicklung ein Wachstum des Fondsvolumens von 10 bis 12 Prozent, ab 2020 rechnet er mit einer Zunahme von 4 bis 7 Prozent.